Freitag, 31. Oktober 2008

Le Menu im Schuhkarton

Es ist alles anders, wenn man statt mit dem ICE im TGV unterwegs sein darf. Klar, manche Dschungelbewohner verfallen auch gerne mal in Geschwindigkeitsräusche, die im deutschen Zugleben niemals erlebt werden können. Aber ausnahmsweise geht es beim Thema Fortbewegungsmittel hier mal nicht um den Fuß auf dem Gas – sondern ums Essen! Unser Europa Spezial, 1. Klasse der Bahn, das uns zuverlässig nach Paris und zurück brachte, nämlich beinhaltete auf Hin- und Rückfahrt ein kleines Zugessen. Hinfahrt (= Quelle: Deutsche Bahn): Langweilig!! Nicht weiter der Beschreibung wert. Rückfahrt: Knaller!

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Es erreichte uns ein knallpinker Schuhkarton, darin: ein Artischokensalat mit Feta, Gurke und Walnüssen zur Vorspeise, zwei indisch gefüllte Wraps zur Nachspeise, Brötchen, und nun gut, zugegeben, ein etwas seltsam anmutender Nachtisch, der aussah wie gelierter Orangensaft mit fünf Himbeeren drin. Der einzige Verzicht in dieser Box. Und mit Sicherheit das außergewöhnlichste Zugessen unseres Lebens. Bis zur nächsten Fahrt im TGV...

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Der viel zu gute Markt

Wer ein Freund französischer Supermärkte ist, weiß, dass man manche Dinge darin gar nicht erklären oder erzählen kann, sondern dass man sie erleben muss. Dem genügt dann vielleicht schon eine Aussage über die Zahl der Kassen oder die Größe der Fischabteilung. Im Bon Marché, nur drei Fußminuten von unserem Hotel in Paris gelegen, fehlen einem aber die Worte – sogar die über Kassen. Eine Auswahl, die sprachlos macht. Gerüche, die die Sinne rauben. Allein zwei Seiten könnte man mit einem Tresen füllen, der verschiedene Sorten Quiche, Feuilletés und ähnliches in sich trug. Romane könnte man über die Auswahl der Backstube schreiben. Vier Stunden von der Käseabteilung berichten.

Wir haben uns verliebt. In den französischen Supermarkt.

Mittwoch, 29. Oktober 2008

Aus der Lust am Experiment

In den ersten Momenten schien alles vollkommen normal. Ein schmales, freundlich eingerichtetes Restaurant. Zwei hilfsbereite Kellner, die so diskret nach unserer Reservierung fragten, dass der Eindruck, der Anruf aus Deutschland könnte doch nicht ganz so erfolgreich verlaufen sein, sich gar nicht weiter verfestigen durfte. Doch der erste Blick in die Speisekarte hatte schon auf der heimischen Couch verraten, dass normal hier nicht das übliche Wort war. Wem es zu viel des Aufwands (und der kulinarischen Aufopferung) ist, jahrelang auf einen Tisch im El Bulli zu warten und es trotz aller Freude an Hochgenüssen der Kochkunst nicht einsieht, für einen einzigen Restaurantbesuch eine Reise nach Spanien zu wagen, der ist hier richtig aufgehoben: Im Monjul, Paris, Marais.

Gut, hier werden keine Suppen mit flüssigem Stickstoff geeist oder die Schwänze von Flugfischentenmousse kandiert. Aber ein Experiment ist es allemal – das erfuhren wir spätestens, nachdem die letzten Schlucke des Kir Royal unsere Kehlen herunter geronnen waren und die Vorspeise vor uns stand.

Er: Hauchdünne Scheiben Jakobsmuschel, in einer Vertiefung des Tellers gefangen. Mit dem Anrichten kam darüber eine klare Bouillon. Dazu: Fantasievolle kleine Törtchen aus Kohl und ähnlichem Gemüse.

Ich: Vier Sorten frisches Gemüse, in eine Art Salat-Mousse-Zustand versetzt. Tomate, Aubergine, Süßkartoffel und Rote Beete. Dazu: Bezauberndes Pistou, Kräutercroutons und eine zähe dunkle Masse, die im ersten Probieren einen Hauch von Pflaume erkennen ließ und sich übrigens auch auf seinem Teller fand. Dass er zu beständig nachfragte, was der Geschmack noch zu bedeuten habe und ich dann doch noch auf Lakritze kam, kann nicht mir angelastet werden. Allenfalls dem Koch.

Unser beider Urteil der Vorspeise: Herausragend! Spannend! Lecker!!

Wir nahmen ein paar Schlucke von dem anständigen, aber nicht herausragenden weißen Hauswein und nach genau der richtigen Zeit (die wir natürlich nutzten, um die Gerichte unserer Nachbarn zu begutachten) stand dann die Hauptspeise auf dem Tisch.

Wir beide: Ravioli mit Crevetten und Basilikum. Was sich aber Ravioli nannte, kam daher wie kleine asiatische Teigtaschen. Dazu gab es eine Sauce, die sehr schnell als Humus in einer alternativen Konsistenz identifiziert wurde. Außerdem ein frischer Kräutersalat, der auch dieses Gericht perfekt abrundete.

Wir nippten weiter an unserem Wein und echauffierten uns schon darüber, dass die stark geschminkte, blond gefärbte, Dior gewandete Dame am Nebentisch ihren bezaubernd aussehenden Nachtisch nicht mal eines Blickes würdigte (und dabei hätte das bisschen Schokolade ihrer Taille allenfalls den Rest gegeben), aber da kam es schon, das Tausendsassa-Dessert.

Er: Banana-Billy. Bananen-Mousse mit Keksboden, Erdbeer-Shake, Eis aus – ja, was noch mal, mein Liebster? – und Kekse. Eine Augenweide, die von meinem Gourmet ergänzt werden muss.

Ich: Crunch 27, bestehend aus einem sündhaft-selbstgemachten Schokoriegel, einer zarten Kugel Minzeis und dazu ungesüßte, bittere Mousse au Chocolat. Explosion der Geschmäcker!!!

Monjul, Paris, Marais, wir empfehlen dich mit noch immer glühend heißen Wangen der Aufregung an jeden weiter. Nicht nur, weil du pro Menü mit 29 Euro echt unterbezahlt warst.

Dienstag, 2. September 2008

Eine neue Definition von Paradies

Man kann sich kaum vorstellen, welches Paradies uns im Frankreich-Urlaub vor nur wenigen Wochen, ich bin fast versucht zu sagen: Tagen, erwartete - und durch welch tiefes Tal wir wandern mussten, um in dieses Paradies zu wandern...

Aber um das kurz klarzustellen. Für uns ist Französischer Supermarkt = der Himmel auf Erden, Großer Französischer Supermarkt = der Himmel inklusive einer goldenen Harfe und der Hypermarché mit drei Eingängen und einer riesengroßen Fischabteilung = das ABSOLUTE PARADIES.

Und wie schon Eva mit dem Apfel oder so, konnte auch ich in diesem Paradies von vielem nicht die Finger lassen. Nur ausnahmsweise von meinem Freund. Und so stapeln sich nun auf unseren Küchenschränken nicht nur kartonweise Kekse, nein, auch der Kühlschrank ward mich reichlich französischer Nahrung gesegnet. Crème brulée, Joghurt mit Kuchen drin, Magret de Canard,Comté und Camembert, Schokotörtchen mit flüssigem Kern, Rivella (gut, wir waren auch kurz in der Schweiz!)...ach, alles, was viel besser ist als der verführerischste Apfel auf dieser Welt.

Dienstag, 5. August 2008

Sapeur-Pompiers in der Küche

Am Sonntag hat der andere Schatz mit dem Flammenwerfer auf die katalanische Créme gezielt. Das Ergebnis war in der Tat beeindruckend. Auf der Caramel-Schicht hätte ein Elefant tanzen können ohne einzubrechen. Und selbst wenn, dann wäre er in dieser köstlichen Créme gelandet. Mit diesem Dessert konnte also nur alles gut gehen, egal, wie es kommt oder was kommt.

Das sahen auch die Gäste so, was der Trend zum Zweit-Dessert bestätigt. Und da war es doch erfrischend zu sehen, dass in Zeiten der nationalen Verzehrstudie, die Genuß ausschließlich über Enthaltsamkeit zu definieren scheint, es noch Menschen gibt, die sich darum einen Scheiß kümmern. Ich plädiere für die Erarbeitung einer nationalen Genuß-Studie!

Im Übrigen gab es nicht nur einen (oder zwei) Desserts, sondern auch noch eine Gazpacho als Vorspeiße und eine Paella. Auch das schien auf Zufriedenheit zu stoßen. Begleitet wurde das von einem Müller-Thurgau der Winzervereinigung Hagnau und einer Rotwein-Cuvée namens Cote de Vessière aus der Nähe von Nimes. Auch hier gab es keine Klagen!

Mittwoch, 16. Juli 2008

Mehr als Rohkost

War es nicht schöne Tradition, die Gerichte der Hartz-Runde im Nachhinein einer kritischen Prüfung zu unterziehen? Oder waren nur wir immer so dumm, das eigene Essen zur Bewertung freizugeben? Nein, ich erinnere mich - auch der geschmolzene Käse mit Schnaps, äh, der Schnaps mit dem geschmolzenen Käse hoch oben in Mitte ward bewertet. Da wollen wir doch auch dieses Essen nicht so kommentarlos vorbei gehen lassen - schließlich hat V. zu reichlich Rohkost beigetragen!

Die Speise: Gefüllte Paprika, dazu die guten Kartoffeln, die wirklich wie Kartoffeln schmecken und ein bunter Salat.

Wertung des Küchendschungels: Douze points!

Die Nachspeise: Tiramisu - schändlicherweise gekauft, nicht selbst erstellt. Schon dafür müsste es Punktabzug geben. Aber es stellt sich die Frage, ob hier überhaupt bewertet wird? Der Küchendschungel muss so ehrlich sein, dass er es nicht als Tiramisu erkannt hätte, hätte man ihm nicht gesagt, dass es sich darum handelt. Quark statt Mascarpone? Biskuit statt Löffelbiskuits? Wo war der Kaffee? Und noch viel wichtiger: Der Alkohol?????? Wir in der Zivilisation sind verwirrt, ob sich hier ein Übersetzungsfehler eingeschlichen hat.

Über selbstgemischtes Hochprozentiges müssen andere Stimmen schreiben, wir waren zu feige.

Wie immer in der Zone aber war es ein sehr schöner Abend. Immer ein neues Bier in der Hand, wenn man selbst erst fünf Minuten später dran gedacht hätte, dass man gerne eins haben wollte...oder so. Die perfekten Gastgeber eben - Gedankenleser.

Wir hoffen, es euch im September gleichzutun.

Dienstag, 8. Juli 2008

Länger verweilen im Kirk Royal

Zugegeben, auf den ersten Blick ist man etwas misstrauisch. Da, wo früher einmal das Ma Rosa seine Gäste mit Bier und Bulgurbällchen begrüßte, wenn man den Schwung vom Kottbusser Damm ins Paul-Lincke-Ufer geschafft hatte, hat sich kürzlich eine neue kulinarische Oase niedergelassen. Langsam die Sonnenbrille von der Nase schiebend passen erst die liebevoll gedeckten Tische nicht an diese Ecke zwischen Moloch und Uferpromenade. So zwingt einen der erste Schritt unweigerlich ins Innere, wo ein besseres Zusammenspiel zwischen Ambiente und Kochkunst vermutet wird. Im Winter, sicher, denn auch die Innenräume des Kirk Royal haben das, was man wohl "Atmosphäre" nennt. Aber bei diesem strahlenden Sonnenschein vergangenen Samstag zwingt es uns dann doch nach draußen. Und es war die richtige Entscheidung. Kaum haben wir uns niedergelassen, steht auch schon hervorvorragendes Brot auf dem Tisch. Dazu ein bisschen Butter, genau richtig gekühlt, und eine kleine Schale eingelegte Oliven. Und von diesem Moment an vergisst man, dass nur wenige Meter entfernt türkische Hochzeitsgesellschaften laut hupend vorbei fahren und der Motz-Verkäufer viel zu aufdringlich an den Tischen vorbei geht. Denn von diesem Moment an sind wir mitten in Frankreich. Die Karte: Reduziert auf das Wesentliche und dadurch so sympathisch. Sein Fleisch, wahlweise Entrecôte oder Filet in verschiedenen Gewichtsklassen kann man eigenständig mit Beilagen versehen. Wir haben uns für gegrilltes Gemüse (er), eine gefüllte Tomate (ich) und Pommes (wir beide) entschieden und es nicht bereut. Auch, wenn wir der Tageskarte mit wechselnden Gerichten nur schwer widerstehen konnten. Aber ein nächstes Mal kommt sowieso.

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Zum Essen genossen wir einen wunderbaren Sancerre (wann entdeckt man den schon mal auf einer Berliner Speisekarte?), unkonventionell stand der Weinkühler auf einem Stuhl. Der Service: Aufmerksam, manchmal etwas zu langsam, aber dabei unglaublich sympathisch, was uns gerne auch mal einen Moment länger warten ließ. So wollten wir auch gerne noch etwas länger verweilen, teilten uns eine Crème brulée (er: ein Zehntel, ich: neun Zehntel) und genossen die letzten Schlucke des wunderbaren Weins, bevor wir satt und zufrieden in Richtung Heimat schlenderten.

Mittwoch, 2. Juli 2008

Der Mädchenitaliner in Mitte. Am Ende zählt der Gesamteindruck.

Was ist eigentlich ein Hot-Spot? Ist ein Hot-Spot ein Laden in dem es überteuertes Essen gibt und eine Mischung aus Öko-Spießern (oder wie es mittlerweile heißt: LOHASs) und Arbeitslosen (oder wie es mittlerweile heißt: Digitale Bohème) so tut als seinen sie der Zeitgeist und sich dabei mir Soja-Latte bekleckert? Oder nennt man einen Laden Hot-Spot, wenn zahlreiche gut aussehende Bedienungen von Tisch zu Tisch eilen, das Haus brechend voll ist und die Küche mitten im Gastraum steht?

Trifft der zweite Fall zu, so kann man den Mädchenitaliener (Alte Schönhauser Str. 12) zu Recht einen Hot-Spot nennen. Es ist dort voll. Richtig voll. Wer Kerzenlicht und leise Unterhaltung möchte sollte draußen bleiben. Das will man bestimmt nicht jeden Abend, aber gelegentlich ist so eine Dosis Leben nicht schlecht. Erst recht wenn diese Dosis um sehr solide Speisen ergänzt wird. Die Tagliatelle mit Limonensoße und Garnelen sind gut, nicht überwältigend aber solide. Heißt in meinem Fall: ich hätte sie besser gemacht. Die Tagliatelle mit Feigen, Fenchelsalami und Mohn hingegen eine wirkliche Sensation. Der offene Weißwein ist ein offener Weißwein. Weiß Wein, warum es in Deutschland nicht möglich ist gute offene Hausweine zu servieren. Aber am Ende des Tages zählt irgendwie das Gesamtergebnis. Und das ist hier mehr als sympathisch.

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